Teilentgeltliche Übertragung einer Immobilie als steuerpflichtiges Veräußerungs-geschäft im Sinne von § 23 EStG?
Werden im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge vermietete Immobilien innerhalb der 10-Jahres-Frist für private Veräußerungsgeschäfte unentgeltlich übertragen und wird in diesem Zusammenhang z. B. die Verpflichtung aus einer Finanzierung mitübernommen, stellt dies nach Ansicht der Finanzverwaltung einen teilentgeltlichen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang dar; das übernommene Darlehen gilt insoweit als Kaufpreis.
Entsprechendes gilt, wenn ein Kaufpreis vereinbart wurde, der unterhalb des Verkehrswertes der Immobilie liegt.
Für die Ermittlung des entgeltlichen Teils werden der Verkehrswert und das übernommene Darlehen bzw. der Kaufpreis ins Verhältnis gesetzt.[1] Nach Abzug der anteiligen Anschaffungs- und etwaiger Veräußerungskosten (wie z. B. Vorfälligkeitsentschädigung) sowie nach Hinzurechnung der Abschreibungen ergibt sich ein fiktiver Veräußerungsgewinn.[2]
In einem aktuellen Urteil hat das Niedersächsische Finanzgericht[3] entschieden, dass bei einer teilentgeltlichen Übertragung unter den historischen Anschaffungskosten keine Veräußerung im Sinne von § 23 EStG anzunehmen ist. Bei der Übernahme von Verbindlichkeiten liegt kein tatsächlich realisierter Wertzuwachs vor. Würde man den fiktiven Veräußerungsgewinn besteuern, käme es zu einer Doppelbelastung mit Ertrag- und Schenkungsteuer aufgrund der gemischten Schenkung. Auch hinsichtlich der verfassungskonformen Auslegung des § 23 EStG ist keine Besteuerung des fiktiven Gewinns vorzunehmen.
Die Revision[4] ist inzwischen beim Bundesfinanzhof anhängig, die Entwicklung der Rechtsprechung bleibt daher weiterhin abzuwarten.
[1] Siehe BMF-Schreiben vom 13.01.1993 – IV B 3 – S 2190 – 37/92 (BStBl 1993 I S. 80) sowie das BMF-Schreiben vom 26.02.2007
– IV C 2 – S 2230 – 46/06 (BStBl 2007 I S. 269), Tz. 14.
[2] Vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG.
[3] Niedersächsisches FG vom 29.05.2024 3 K 36/24 (EFG 2024 S. 1586).
[4] Az. des BFH: IX R 17/24.