Neue Verwaltungsanweisung zur Grundsteuerwertfeststellung – Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts
Aufgrund der Verfassungswidrigkeit der bisherigen Ermittlung der Grundsteuer[1] hat der Gesetzgeber im Rahmen einer umfassenden Gesetzesreform die Grundstücksbewertung unter Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts neu geregelt. Sofern die Länder nicht von ihrer Möglichkeit einer abweichenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht haben, gilt für die Grundstücksbewertung das sog. Bundesmodell. Dies sieht – anders als das alte Recht – keine Möglichkeit mehr vor, dem Finanzamt in Abweichung zu der standardisierten gesetzlichen Wertermittlung einen tatsächlich geringeren Immobilienwert insbesondere durch ein Gutachten nachzuweisen.
Der Bundesfinanzhof[2] hat kürzlich jedoch in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen diese Möglichkeit zum Nachweis eines unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden tatsächlichen Werts des Grundstücks bestehen muss.
Hierauf hat zwischenzeitlich die Finanzverwaltung mit einem Erlass[3] reagiert. Dieser eröffnet nun die Möglichkeit, einen geringeren Grundstückswert zu berücksichtigen, wenn der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40 % übersteigt. Hierfür trifft den Steuerpflichtigen die Nachweispflicht. Außerdem werden die Finanzämter angewiesen, ab sofort in diesen Fällen bei schlüssiger Darstellung auf Antrag Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Der Erlass ist auf alle offenen Fälle anzuwenden. Bei bestandskräftigen Grundsteuerwertfeststellungen ist ggf. eine sog. fehlerbeseitigende Wertfortschreibung vorzunehmen (§ 222 BewG).
[1] BVerfG-Urteil vom 10.04.2018 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12.
[2] Vgl. BFH-Beschlüsse vom 27.05.2024 II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV); siehe auch Informationsbrief August 2024 Nr. 1.
[3] Koordinierter Ländererlass vom 24.06.2024 (BStBl 2024 I S. 1073).