Unterbringung in einer Wohngemeinschaft als außergewöhnliche Belastung
Entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands, können diese im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht werden. Hierzu gehören auch Aufwendungen für die krankheits- und pflegebedingte Unterbringung in einer dafür vorgesehenen Einrichtung. Aufwendungen erwachsen zwangsläufig, wenn man sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (vgl. § 33 Abs. 1 und Abs. 2 EStG).[1]
Der Bundesfinanzhof[2] hat entschieden, dass dies auch für Aufwendungen gilt, die für die Unterbringung in einer (selbstverantworteten) Wohngemeinschaft anfallen. Hierbei handelt es sich um ein nach Landesrecht geregeltes Wohn- und Betreuungsangebot, bei dem ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderung in einer Wohnung mit einem gemeinsamen Hausstand leben.
Nach Auffassung des Gerichts ist nicht Voraussetzung, dass die betroffene Wohngemeinschaft einer Heimaufsicht oder einer ähnlichen Überwachung unterliegt. Ebenso wenig kommt es für den Abzug der Unterbringungskosten darauf an, ob es sich um eine anbieterverantwortete oder um eine selbstverantwortete Wohngemeinschaft handelt. Beide Wohngemeinschaften dienen – nicht anders als ein „Heim“ oder eine Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot – primär dem Zweck, ältere, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderung aufzunehmen und zu versorgen.
Im Streitfall konnten daher die Kosten für die Unterbringung in einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden. Wird im Zusammenhang mit der Heimunterbringung der private Haushalt aufgelöst, sind jedoch die Aufwendungen um eine sog. Haushaltsersparnis (für 2023 in Höhe von 10.908 Euro)[3] zu kürzen.
[1] Berücksichtigungsfähig sind Aufwendungen, soweit diese eine zumutbare Belastung (1 % bis 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte; § 33 Abs. 3 EStG) überschreiten.
[2] BFH-Urteil vom 10.08.2023 VI R 40/20.
[3] Siehe R 33.3 Abs. 2 Satz 2 EStR.