Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen
Wird eine festgesetzte bzw. angemeldete Steuer nicht pünktlich zum Fälligkeitstag gezahlt, entstehen Säumniszuschläge. Diese werden bei einer Säumnis von bis zu 3 Tagen (Schonfrist) regelmäßig nicht erhoben. Nach Ablauf der Schonfrist fallen für jeden angefangenen Monat der Säumnis generell 1 % (12 % im Jahr) des rückständigen Steuerbetrags an.[1] Neben ihrer Funktion als Druckmittel erfüllen Säumniszuschläge auch eine Zinsfunktion für die Zeit des Zahlungsrückstands.
Im Hinblick auf die anhaltende Niedrigzinsphase hatte das Bundesverfassungsgericht den Zinssatz für die sog. Vollverzinsung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen für verfassungswidrig erklärt. Daraufhin hat der Gesetzgeber den Zinssatz von 0,5 % auf 0,15 % pro Monat rückwirkend ab 2019 gesenkt.[2]
Unklar sind die Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf die Höhe der Säumniszuschläge. In einem (weiteren) aktuellen Beschluss hat der Bundesfinanzhof[3] auch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Festsetzung von Säumniszuschlägen für Zeiträume ab 2019 geäußert. Eine Aufteilung in einen verfassungswidrigen Teil (Zinsanteil) sowie einem verfassungsrechtlich unbedenklichen Teil (Druckmittel) hat der Bundesfinanzhof nicht vorgenommen.[4]
Danach wäre die Festsetzung von sämtlichen nach dem 31.12.2018 entstandenen (und nicht erlassenen) Säumniszuschlägen verfassungswidrig. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
[1] Vgl. § 240 AO.
[2] Vgl. Informationsbrief August 2022 Nr. 2.
[3] BFH-Beschluss vom 23.05.2022 V B 4/22 (AdV).
[4] Vgl. hierzu noch BFH-Beschluss vom 26.05.2021 VII B 13/21 (AdV).