Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheim bei Aufgabe der Selbstnutzung
Der Erwerb eines Familienheims von Todes wegen durch den überlebenden Ehepartner oder durch Kinder kann erbschaftsteuerfrei bleiben. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass die Wohnung beim Erben „unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt“ ist und nach dem Erbfall vom Erben auch mindestens 10 Jahre selbst bewohnt wird. Wird die Selbstnutzung des Familienheims vor Ablauf dieses Zeitraums aufgegeben, kann die Steuerbefreiung rückwirkend wegfallen. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen (z. B. bei einer Pflegebedürftigkeit) an der (weiteren) Selbstnutzung gehindert ist.[1]
Der Bundesfinanzhof[2] hat jetzt entschieden, dass der Begriff „zwingend“ nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung umfasst.
Im Streitfall hatte die Tochter das von ihrem Vater geerbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach 7 Jahren ausgezogen, weil sie ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben konnte. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass zwingende Gründe auch dann vorliegen können, wenn die Selbstnutzung unzumutbar geworden ist.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen können danach einen zwingenden Grund darstellen, wenn sie dem Erwerber eine selbständige Haushaltsführung im Familienheim unmöglich machen.
[1] Siehe hierzu § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG.
[2] BFH-Urteil vom 01.12.2021 II R 18/20.