Kinderfreibeträge bei eheähnlicher Lebensgemeinschaft der Eltern
Für Besserverdienende kann die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung günstiger sein als das Kindergeld. Die Kinderfreibeträge stehen jedem Elternteil grundsätzlich zur Hälfte zu. Allerdings können in Fällen, in denen die Voraussetzungen für die Ehegattenveranlagung nicht gegeben sind, auf Antrag die anteiligen Kinderfreibeträge übertragen werden, wenn der andere Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen (d. h. zu weniger als 75 %)[1] nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist (§ 32 Abs. 6 Satz 6 EStG).
Der Bundesfinanzhof[2] hatte kürzlich über eine Übertragung der anteiligen Freibeträge zu entscheiden, bei der das Elternpaar in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammenlebt. Dabei erzielte ein Elternteil – hier der Kindsvater – mit ca. 10.000 Euro eher geringe Einkünfte, während beim anderen Elternteil – hier die Kindsmutter – mit Einkünften von über 70.000 Euro jährlich eine Berücksichtigung der Kinderfreibeträge günstiger war als das Kindergeld. Das Gericht verneinte allerdings eine Übertragung der Kinderfreibeträge, da auch die Erbringung von Betreuungsunterhalt durch den geringverdienenden Elternteil zu berücksichtigen ist.
Leistet ein betreuender Elternteil keinen oder nur einen sehr geringen Beitrag zum gemeinsamen Haushaltseinkommen, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass dieser seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachgekommen ist. Sollte aufgrund der geringen Einkünfte eines Elternteils keine Unterhaltspflicht in materieller Hinsicht bestehen, begründet dies bei einem zusammenlebenden Elternpaar keine Übertragung der Kinderfreibeträge wegen mangelnder Leistungsfähigkeit.
[1] Vgl. R 32.13 Abs. 2 EStR.
[2] BFH-Urteil vom 15.12.2021 III R 24/20.