Privates Veräußerungsgeschäft: Zeitnaher Verkauf nach unentgeltlicher Übertragung
Die Veräußerung einer Immobilie innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb ist grundsätzlich steuerpflichtig, soweit sie nicht zuvor zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.[1] Bei unentgeltlicher Übertragung – wie durch Schenkung oder Erbschaft – wird die sog. Spekulationsfrist des Übertragenden fortgeführt.[2] Bisher war unklar, ob nach Einführung dieser Fortführungsregelung eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung vorliegt, wenn das Grundstück zeitnah nach einer Schenkung vom Begünstigten veräußert wird; insbesondere wenn dabei deutlich weniger Einkommensteuer als bei der Veräußerung durch den Übertragenden anfällt.
Der Bundesfinanzhof[3] hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass in einem solchen Fall grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt, da § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG bereits eine spezielle Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch enthält, nach der die Besteuerung nicht vom Übertragenden, sondern vom Rechtsnachfolger vorzunehmen ist.
Im vorliegenden Fall wurde ein Grundstück von der Mutter unentgeltlich auf deren volljährige Kinder übertragen. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom selben Tag verkauften diese das Grundstück und erhielten dafür den Kaufpreis. Den Kindern war die Anschaffung der Mutter zuzurechnen und das private Veräußerungsgeschäft entsprechend von ihnen zu versteuern.
Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass unangemessene vertragliche Vereinbarungen zu einer anderen Beurteilung führen können. Der Rechtsnachfolger sollte daher sowohl über das Grundstück als auch über den erzielten Veräußerungserlös frei verfügen können.
Auch wenn in einem solchen Fall deutlich weniger Einkommensteuer anfallen sollte, sind ggf. auch die schenkungsteuerlichen Auswirkungen einzubeziehen.
[1] Vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
[2] § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG.
[3] BFH-Urteil vom 23.04.2021 IX R 8/20.