Prozesskosten im Zusammenhang mit nachehelichem Unterhalt als Werbungskosten
Prozesskosten sind nur als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn man ohne den Prozess Gefahr liefe, die „Existenzgrundlage zu verlieren“ und die „lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen“ zu können.[1] Diese Voraussetzung sieht der Bundesfinanzhof[2] bei den Verfahrenskosten einer Ehescheidung regelmäßig als nicht erfüllt an und hat den Abzug von Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung abgelehnt. Das Finanzgericht Münster[3] hat jetzt jedoch eine Möglichkeit aufgezeigt, wie ggf. ein Teil der Verfahrenskosten steuerlich berücksichtigt werden kann.
Wird nach der Trennung oder Scheidung von Ehepartnern von einem an den anderen Unterhalt gezahlt, so sind zwei Möglichkeiten zur steuerlichen Behandlung dieses Unterhalts denkbar:
• Der Unterhaltsverpflichtete kann die Zahlungen bis maximal 9.408 Euro[4] als außergewöhnliche Belastung geltend machen (§ 33a Abs. 1 EStG). Eigene Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers mindern diesen Höchstbetrag jedoch, soweit sie 624 Euro jährlich übersteigen, sodass häufig kein abzugsfähiger Betrag mehr verbleibt.
• Alternativ kann der Unterhalt – unabhängig von der Höhe der Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers – bis zu 13.805 Euro23 als Sonderausgaben abgezogen werden. In diesem Fall muss der Empfänger allerdings ausdrücklich zustimmen, weil er die Unterhaltszahlungen als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 1a EStG) zu versteuern hat (sog. Realsplitting).
Wird nach einer Scheidung die zweite Alternative für die Behandlung der Unterhaltszahlungen gewählt und entfällt ein Teil der Scheidungskosten auf die Festlegung des nachehelichen Unterhalts, so kann dieser Teil als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften des Unterhaltsempfängers abgezogen werden (soweit er von diesem zu tragen ist). Dies gilt nach der Entscheidung des Finanzgerichts auch dann, wenn das Verfahren mit einem Vergleich beendet wurde und bei Beendigung des Verfahrens noch nicht entschieden war, dass sich Unterhaltsverpflichteter und Empfänger auf das Realsplitting einigen würden.
[1] Siehe § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG.
[2] Siehe z. B. Urteil vom 18.05.2017 VI R 9/16 (BStBl 2017 II S. 988).
[3] Urteil vom 03.12.2019 1 K 494/18 E (EFG 2020 S. 185); Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 1/20.
[4] Zuzüglich der Beiträge zur Basisversorgung in der Kranken- und Pflegeversicherung des Unterhaltsempfängers (§ 33a Abs. 1 Satz 2 sowie § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG).