Grundsteuerreform beschlossen
Das Bundesverfassungsgericht[1] hatte die derzeitigen Regelungen zur Einheitsbewertung bei der Erhebung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Danach ist der Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen. Nunmehr hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Reform des Grundsteuer- sowie des Bewertungsrechts vorgelegt, das kürzlich vom Bundesrat verabschiedet wurde.[2] Danach ist Folgendes vorgesehen:
Bewertungsverfahren
Unbebaute und bebaute Grundstücke werden künftig nicht mehr mit den bisherigen (niedrigen) Einheitswerten bewertet, sondern nach einem neuen typisierenden Ertrags- und Sachwertverfahren. Dabei wird der Wert unbebauter Grundstücke anhand von Bodenrichtwerten ermittelt, die von Erhebungen unabhängiger Gutachterausschüsse abgeleitet werden.
Die Ermittlung des Grundsteuerwerts bebauter Grundstücke erfolgt
a) für Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke oder Nichtwohngrundstücke nach einem Sachwertverfahren: Dabei ist der Bodenwert wie bei unbebauten Grundstücken mit dem Bodenrichtwert zu berücksichtigen. Daneben wird für das Gebäude ein Gebäudesachwert ermittelt, der im Wesentlichen aus typisierend angenommenen „Normalherstellungskosten“ des Gebäudes abgeleitet wird.
b) für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum nach einem Ertragswertverfahren unter Berücksichtigung eines abgezinsten Bodenwerts sowie eines kapitalisierten Reinertrags. Der Reinertrag ergibt sich im Wesentlichen nach einem typisierenden Verfahren aus angenommenen Netto-Kaltmieten je m2 in Abhängigkeit von der Lage des Grundstücks.
Die Besteuerung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen erfolgt künftig durch eine standardisierte Bewertung der Flächen und der Hofstellen sowie die Ermittlung eines durchschnittlichen Ertragswerts.
Auch nach neuem Recht werden künftig die Grundsteuerwerte mit einer gesetzlich festgelegten Steuermesszahl[3] multipliziert. Auf den so ermittelten Steuermessbetrag wird der jeweilige Hebesatz der Gemeinde angewendet. Die Gemeinden erhalten künftig die Möglichkeit, in Gebieten mit besonderem Wohnraumbedarf für „baureife“ Grundstücke einen gesonderten Hebesatz festzusetzen.[4]
Bewertungszeitpunkt
Als ersten Hauptfeststellungszeitpunkt für die neuen Grundsteuerwerte nach den neuen Bewertungsregelungen ist der 1. Januar 2022 vorgesehen. Die anschließenden Hauptfeststellungen sollen in einem Abstand von 7 Jahren erfolgen. Die nächste darauffolgende Hauptfeststellung wäre demnach der 1. Januar 2029.
Auch wenn die erste (neue) Hauptfeststellung auf den 1. Januar 2022 erfolgt, bleiben die bisherigen Einheitswerte zunächst bis einschließlich 31. Dezember 2024 weiterhin für die Besteuerung maßgeblich; dies entspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Spätestens ab dem Jahr 2025 ist eine Erhebung der Grundsteuer aufgrund der alten Einheitswerte dann nicht mehr zulässig.
Gesetzgebungskompetenz
Auch künftig werden die Gemeinden die Höhe der Grundsteuer mittels eines örtlichen Hebesatzes bestimmen können. Neu ist, dass die Bundesländer ab dem Jahr 2025 grundsätzlich die Befugnis erhalten, auch umfassende, vom Bundesrecht abweichende Regelungen für die Grundsteuer zu schaffen (z. B. mit einem abgeänderten Bewertungsverfahren), etwa wenn es durch die Reform zu einer nicht beabsichtigten strukturellen Erhöhung der Grundsteuer in einzelnen Gemeinden kommt.[5]
[1] Urteil vom 10. April 2018 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12.
[2] Siehe Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Bundesrats-Drucksache 500/19).
[3] Die neue Steuermesszahl beträgt regelmäßig 0,34 ‰ (statt bisher 3,5 ‰).
[4] Vgl. Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung (Bundesrats-Drucksache 503/19).
[5] Siehe Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 und Art. 105 Abs. 2 Grundgesetz n. F.